Forschung & Aktivitäten

Veranstaltungshinweis: Weltkolonialerbe – made in Kassel?

Kassel ist mittelgroß, mittelspannend und auf der Deutschlandkarte mittig zentriert. Soweit, so unspektakulär.

Kassel ist aber auch ein Ort, der die deutsche Kolonialgeschichte maßgeblich geprägt hat:
Von hier aus rollten die Lokomotiven der Henschel-Werke ins damalige „Deutsch-Südwestafrika“, hier entwickelte der Anatom Thomas Soemmering im 18. Jahrhundert „wissenschaftliche“ Rassentheorien, hier mussten Schwarze Arbeiter*innen dem Bergpark Wilhelmshöhe exotisches Flair verleihen, hier wurden Kolonialbeamte ausgebildet, und hier beging der NSU den Mord an Halit Yozgat.


Unser postkolonialer Stadtrundgang bietet eine Spurensuche an, bei der wir ausgehend von der Gegenwart historische Wurzeln für koloniale Denkmuster und Praxen erkunden.

Der Stadtrundgang beginnt am 29.11.2017 um 15:00 am Halitplatz und ist eine gemeinsame Veranstaltung von kassel postkolonial und dem AStA.
Du möchtest mehr über deinen neuen oder alten Wohnort lernen?
Anmeldungen sind bis zum 28.11. über antidiskriminierung@asta-kassel.de möglich.
Die Zahl der Teilnehmenden ist auf 20 Personen begrenzt.

Veranstaltungshinweis: „Revolutions past and present. Burkina Faso and the relevance of anti-colonialism“

„Revolutions past and present.  Burkina Faso and the relevance of anti-colonialism“

– film screening & discussion –

Date & time: Wednesday, 15 November, 2017 at 7 pm
Venue: Invitation_Revolutions past and present,
Sternstraße 20, 34123 Kassel

30 years ago the president of Burkina Faso Thomas Sankara was assassinated. This end of an “anti-imperialist revolution” marked the beginning of decades of dictatorial rule by the regime of his murderer Blaise Compaoré. However, three years ago, mass protests forced the president to leave office.

After a brief introduction to Thomas Sankara and his pan-Africanist and anti-colonial politics, we watch a filmic remembrance of the popular insurrection in Burkina Faso in 2014. “Revolution with bare hands. The trajectory of a people. Burkina Faso” by Moussa Ouédraogo & Hans-Georg Eberl (2016, French/Morée with English subtitles). The film approaches protagonists of the revolution. It asks about reasons and motivations based in the living conditions of the population as well as in memories of foregone struggles for emancipation during previous decades such as those linked to the times of Thomas Sankara.

After the screening, Vanessa Eileen Thompson (Goethe University Frankfurt) will animate the discussion by contextualising the film in debates on postcolonial feminism and by inquiring into the relevance of pan-Africanist ideas for anti-racist movements in Europe today.

«Les peuples du monde entier ont le même combat à livrer pour la justice sociale, pour la liberté, pour la démocratie.» (Thomas Sankara)
“The peoples of the whole world have to undertake the same fight for social justice, for freedom, for democracy.” (Thomas Sankara)

Veranstaltungshinweis

Fokus Kongo: Zwischen Ausplünderung, Überleben und sozialen Kämpfen für ein besseres Leben

Veranstaltungstour im Vorfeld mit Victor Nzuzi (Bauer, Mitglied von Via
Campesina und Globalisierungskritiker aus der Demokratischen Republik Kongo)

Göttingen: 01. Oktober, 18:00 Uhr:
Our House OM10, ObereMasch-Straße 10,
37073 Göttingen

Kassel: 02. Oktober, 19:00 Uhr:
KollektivCafé Kurbad, Sternstr 20,
34123Kassel

Meuchefitz: 03. Oktober, 19:30 Uhr:
Gasthof Meuchefitz, Meuchefitz19,
29482 Küsten

Bremen: 04. Oktober, 19:00 Uhr:
DGB-Haus, Bahnhofsplatz 22-28, 28195 Bremen

Leipzig: 06.-08. Oktober:
Konferenz „Selbstbestimmt und solidarisch“

Dresden: 09. Oktober:
vgl. www.afrique-europe-interact.net

Spätestens seit Geflüchtete und Migrant_innen im Sommer 2015 das europäische Grenzregime vorübergehend aus den Angeln gehoben haben, ist seitens der EU-Regierungen viel von „Fluchtursachen“ die Rede. Diese müssten durch milliardenschwere Entwicklungsprogramme „bekämpft“ werden, nur so sei verhinderbar, dass weitere Menschen Richtung Europa aufbrechen würden. Das klingt plausibel, allerdings werden die Ursachen für die desaströsen Verhältnisse im globalen Süden meist ausgeblendet, und auch bleibt die Frage unbeantwortet, welche Art von Entwicklung überhaupt gefördert werden soll.

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Offener Brief an den AStA der Universität Kassel

Betr.: Veranstaltung zu Critical Whiteness

Sehr geehrte Damen und Herren,

das AStA-Referat für Antidiskriminierung und offene Gesellschaft hat (gemeinsam mit dem AK Raccoons und dem Bündnis gegen Antisemitismus) im Rahmen der Vortragsreihe „Reaktionäre Ideologien im fortschrittlichen Gewand“ am 20.6.2017 eine Veranstaltung mit Sören Pünjer mit dem Titel „Fifty shades of black and white – Der politisch korrekte Rassismus der Critical Whiteness“ durchgeführt.

Wir von der Initiative Kassel postkolonial – viele von uns Studierende dieser Uni – möchten den AStA fragen, wie es sein kann, dass das Referat für Antidiskriminierung einen Referenten einlädt, der …

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Schwarze Menschen als Arbeiter*innen im „chinesischen Dorf“ im Bergpark Kassel

Exotismus hat viele Gesichter. Im ausgehenden 18. Jahrhundert galt es als chic, Weltläufigkeit in landschaftsgärtnerischer Form zu demonstrieren. Im Kasseler Bergpark wurde hierzu auf Initiative von Landgraf Friedrich II. ab 1781 das chinesische Dorf „Mulang“ eingerichtet, um mit Mühle, Schafstall und Milchhäuschen idyllisches Landleben zu inszenieren. Allerdings gelang es nicht, chinesisches Personal anzustellen. Stattdessen arbeiteten dort etwa 50 Schwarze Menschen. Einige von ihnen wurden vermutlich – so die Historikerin Petra Werner – von nordhessischen Offizieren aus den amerikanischen Befreiungskriegen nach Deutschland verschleppt; andere scheinen aus Kamerun nach Kassel gelangt zu sein. Einige von ihnen starben früh durch Krankheiten oder Suizid. Über den Verbleib ihrer sterblichen Überreste – und über eine würdige Bestattung – ist kaum etwas bekannt; möglicherweise befinden sie sich in der Marburger Anatomischen Sammlung. Weiterlesen „Schwarze Menschen als Arbeiter*innen im „chinesischen Dorf“ im Bergpark Kassel“

Kolonialismus an den Ladentheken

Anders als heute, wo Lebens- und Genussmittel wie Kaffee, Kakao, Tabak oder verschiedene Gewürze in standardisierter Form im Supermarkt verkauft werden, wurden sie bis vor wenigen Jahrzehnten in Kolonialwarenläden – auch Kram- oder Gemischtwarenläden genannt – angeboten. Diese Läden waren häufig Familienbetriebe und nicht selten in Wohnhäuser integriert, wo ein Zimmer zum Verkaufs- und Lagerraum umfunktioniert wurde. Dies mag idyllisch erscheinen; aber die die Möglichkeit, Kaffee, Tee, Tabak usw. in Europa zum Verkauf anzubieten, war mit kolonialer Eroberung und Ausbeutungsverhältnissen verbunden.

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Krieg made in Kassel

Als Rüstungs- und Waffenhochburg genießt Kassel internationalen Ruf. Einige der größten Hersteller militärischer Güter und Infrastruktur – seien es Panzer, Forschungseinrichtungen oder Ausbildungszentren der Bundeswehr – haben ihren Sitz in der Stadt, deren militärische Tradition mehrere Jahrhunderte zurückreicht. Unternehmen wie Krauss-Maffei Wegmann oder Rheinmetall Defence sind wichtige Exporteure in weltweite Konfliktregionen. Etwa die Hälfte der hessischen Rüstungsproduktion stammt derzeit aus Kassel. Die Stadt ist einer der bundesweit zentralen Militärstandorte.

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Grundlage: Er-/Entinnerung

Deutschland wird oft international Anerkennung für die Aufarbeitung des Holocausts zuteil. Ein Blick auf einen entsprechenden Umgang mit der deutschen Kolonialgeschichte ist demgegenüber sehr ernüchternd. Die Aussage, die Aufarbeitung der Deutschen Kolonialgeschichte stecke noch in den Kinderschuhen, kann – wenn überhaupt –, nur sehr wohlwollend erfolgen. Wenn von Erinnerungskultur gesprochen in Deutschland wird, ist festzustellen, dass die Erinnerungen sehr selektiv ausfallen: Daher muss eher von eine Er-/Entinnerungskultur gesprochen werden, denn Erinnern und Entinnern geschehen oft simultan. Ein gutes Beispiel hierfür liefert der Völkermord an den Herero und Nama, den das deutsche Kaiserreich zwischen 1904 und 1908 im damaligen „Deutsch-Südwestafrika“ beging. Erst 2015 erkannte die deutsche Bundesregierung das Verbrechen als Völkermord an. Damit änderte die Bundesregierung ihre Bewertung der Gräueltaten deutscher Truppen in Namibia, bei denen rund 100.000 Menschen getötet worden waren. Bisher hatte die Bundesregierung  der Tatbestand Völkermord zurückgewiesen, da dieser erst seit Inkrafttreten des UN Völkermordkonvention 1948 gegeben sei. Allerdings hatte der Bundestag kurze Zeit zuvor die Massaker an den Armeniern von 1915 und 1916 im Osmanischen Reich als Völkermord verurteilt und somit ihre Bewertung des Genozids an Herero und Nama neu formulieren müssen. Die Bundesregierung führte allerdings aus, dass allein aus der Verwendung des Völkermordbegriffs keine Rechtsfolgen für Deutschland entstünden.

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Grundlage: Rassismus im Alltag

Beleidigungen wegen zugeschriebener Herkunft, die andauernde Frage, von wo mensch „wirklich herkommt“, ständige Polizeikontrollen, unerlaubtes In-die-Haare-gefasst-Bekommen durch Fremde, psychische Herabwürdigung und physische Gewalt – all dies sind Formen des alltäglichen Rassismus in Deutschland. Diese Erfahrungen werden deswegen mit so problematischer Regelmäßigkeit und Vorhersagbarkeit im ganzen Land gemacht, weil sie Tradition haben: Rassismus ist eine europäische Denktradition, die in den Jahrhunderten des europäischen Kolonialismus verfestigt wurde und Menschen in vorgeblich bessere und schlechtere, höher- und minderwertige, fortgeschrittene/moderne und primitive einteilt. So wurde und wird ein Mythos der angeblichen Überlegenheit der weißen Europäer*innen aufrechterhalten, der Ausgrenzung und Ausbeutung von Schwarzen Menschen, People of Colour, Menschen aus den vormaligen Kolonien, Sint*ezza und Rromn*ja bzw. Jüd*innen gerechtfertigt. Rassismus zeigt sich als eine relativ stabile Struktur der Diskriminierung und Benachteiligung der rassistisch Herabgewürdigten – und eben als tägliche Praxis, als „kleine Arsendosen“ in Form sogenannter Mikroaggressionen des alltäglichen Rassismus. Rassismus findet in der Schule, den Medien, der Polizei, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, in der Öffentlichkeit und in Privatleben auf verschiedene Art und Weise statt. In diesen Bereichen fungiert häufig Sprache als wirkmächtige Vermittlungsstruktur des Rassismus. Die fortwährende Verwendung kolonialrassistischer Begrifflichkeiten verbleibt dabei jedoch innerhalb der weißen Mehrheitsgesellschaft häufig unbemerkt oder gar ignoriert. Denn weiße Menschen in Deutschland sind insofern privilegiert, als sie sich mit Rassismus – inklusive dem von ihnen selbst bewusst oder unbewusst verübten Alltagsrassismus – nur dann auseinandersetzen müssen, wenn und solange sie dies wünschen. Die von Rassismus Betroffenen entkommen dagegen selten der alltäglichen Konfrontation und entwickeln deswegen Empowerment [Link Empowerment Dossier Böll], Selbstorganisation [Link ISD, Link Korientation, Link IniRromnja https://inirromnja.wordpress.com/], Kampagnen zur Aufdeckung und Bekämpfung von Rassismus [Link Rassismusbericht] sowie die Verspottung der Vorhersagbarkeit von Rassismus [Link Youtube Video Schwarze Frau spielt weiße Rassistin] als Strategien der Gegenwehr. Da Rassismus alle Beteiligten beschädigt, stellen diese Formen der Gegenwehr eine wichtige Ressource dar, von der auch durch Rassismus Privilegierte profitieren können, indem sie Rassismus erkennen und vermindern.